Was ist das Sensorium?
Das Sensorium® schafft einen Erfahrungsraum, der körpereigene Vorgänge durch ein multimediales Neurofeedback-system direkt erlebbar macht. Die kaum oder gar nicht wahrnehmbaren Signale des Gehirns, des Herzens u.a. werden durch ein neuartiges Verfahren mittels Klang und Farbe in den Raum projiziert, so dass man mit den audiovisuellen Sinnen in die eigene Innenwelt eintauchen kann. Im Anschluss können die individuellen Erfahrungen durch die Begleitung eines professionellen Coaches in den persönlichen Lebenskontext integriert werden.
Wozu dient das Sensorium?
Das Sensorium® ermöglicht dem Anwender eine außergewöhnliche und faszinierende Möglichkeit der Selbsterfahrung. Im Erleben können sich Bewusstseinsräume öffnen, die uns tief mit uns selbst in Verbindung bringen. Durch speziell abgestimmte Settings können Menschen in unterschiedlichen Lebenssituationen davon profitieren.
Somit eignet sich das System als Mittel zur Selbstwahrnehmung, zur Steigerung der Achtsamkeit, des Selbstwertgefühls, der Körperwahrnehmung, der Kreativität oder auch als Meditations- und Entspannungshilfe. Neben dem passiven Erleben ist auch eine aktive Interaktion mit den eigenen Körpersignalen und Rhythmen möglich.
Wem hilft das Sensorium?
Prinzipiell bietet das Sensorium allen Menschen, die sich auf diese intensive Form der Selbstbegegnung einlassen möchten, eine besondere Erfahrungsmöglichkeit. Menschen mit hohen Anforderungen in der Arbeitswelt können dabei ihre eigenen Regenerationskräfte mobilisieren (Burnoutprophylaxe). Therapeutische Anwendungen sind bei Patienten mit Körperschemastörungen sowie depressiven oder dissoziativen Störungsbildern angedacht, um deren verloren gegangenen Selbstbezug wiederherzustellen.
Technologie
Das Sensorium® basiert auf einem Echtzeit-Sonifikationssystem „POSER“, das als Zusatzmodul zur Gehirn-Computer Schnittstelle „Thought Translation Device“ (TTD) realisiert wurde (Hinterberger & Baier, 2004). Das TTD ist ein Gehirn-Computer Kommunikationssystem, mit dem vollständig gelähmte Menschen über die Selbststeuerung ihrer Hirnsignale kommunizieren konnten (Birbaumer et al., 1999). Das Gehirn wird damit zu einem Orchester, indem der Computer die Musikinstrumente und die Wellenzüge der Gehirnsignale die Partitur bereitstellen. Seit den 70er Jahren wurde immer wieder versucht, auf unterschiedliche Weise Gehirnsignale hörbar zu machen, jedoch war eine orchestrale Echtzeitsonifikation in dieser Weise und in dieser Authentizität noch nie realisiert worden. Die Software zur Echtzeitsonifikation wurde derart erweitert, so dass zusätzlich zur Klangerzeugung mittels verschiedener physiologischer Signale auch die Steuerung von Lichtanlagen ermöglicht wurde. Das Sensorium nutzt damit beide Sinneskanäle, Sehen und Hören.
Studien
1. Pilotstudie
In einer Pilotstudie wurden gesunde Probanden, darunter erfahrene Meditierende, nach ihren Erfahrungen im Sensorium befragt. Die Sitzungen dauerten 20 Minuten, wobei Signale des EKG und EEG über Elektroden abgegriffen und den Probanden im Sensorium in Echtzeit als ihre persönlichen Klänge und Farben präsentiert wurden. Nahezu alle Probanden berichteten über einen Anstieg an Glücksempfinden, Entspannung, Zufriedenheit, innerer Harmonie und eine Ausweitung des Körperbewusstseins.
Im Folgenden sind einige Spontanaussagen aus den ersten Anwendungssitzungen wiedergegeben:
- beeindruckend!
- sofort sehr beruhigend
- zieht die Aufmerksamkeit auf das Innenleben
- Puls wirkt tranceinduzierend
- direct prompt to trigger things
- eigene Körpermusik ist für mich sehr interessant, da sie in ein “Shiva“-Bewusstsein führen kann
- günstig für das Loslassen von Kontrolle und eine gute Basis für Kreativität
- es ist ein Geschenk, ich empfinde Ehrfurcht
- mein Körperbewusstsein wurde intensiviert bzw. ich habe erstmals deutlich die Körperschwingungen wahrgenommen
- besonders eindrucksvoll war die entstehende Weite und Öffnung
- ich habe Lust auf mehr, auf regelmäßige oder kontinuierliche Erfahrung mit dieser Verbindung
2. Anwendungsstudie
In einer weiteren Studie wurden verschiedene Konfigurationen des Sensoriums mit anderen Verfahren verglichen. Der wesentliche Aspekt der Selbsterfahrung in meditativer Umgebung legt den Vergleich mit Verfahren aus der Achtsamkeitspraxis nahe. Daher wurde das Sensorium verglichen mit einer Body-Scan Übung und einer Atemachtsamkeitsübung wie sie im MBSR-Training von John Kabat-Zinn vorgeschlagen werden. Eine weitere Vergleichsbedingung war eine sogenannte Pseudo-Sensorium-Sitzung, in der zwar dieselben audiovisuellen Stimuli angeboten wurden, jedoch ohne den Bezug zu den eigenen Körpersignalen. Das Ergebnis dieser Studie mit über 30 TeilnehmerInnen ist in der folgenden Abbildung dargestellt.
3. Klinische Studie
Eine Studie mit Patienten mit psychosomatischen Symptomen wurde in den Heiligenfeld Parkklinik durchgeführt. Daraus entstanden 2 Masterarbeiten, die die Ergebnisse zusammenfassen.
- Master Thesis of Jaqueline Possiel: „The Sensorium: As a therapeutic setting in comparison to treatment approaches of the Heiligenfeld Kliniken“
- Master Thesis of Lena Dingfelder: „The Sensorium – a mindful experience of the own body – Implementation and evaluation of a therapeutic intervention for patients suffering from depression“
Literatur
- Hinterberger, T., Baierlein, F. and Breitenbach, N. (2018). „Skin Conductance Feedback Meditation: Evaluation of a Novel Physiology-Assisted Meditation Style”, Complementary Medicine Research. 25:313-320. DOI: 10.1159/000489342
- Hinterberger, T., Fürnrohr, E. (2016). „The Sensorium – Psychophysiological Evaluation of Responses to a Multimodal Neurofeedback Environment”, Applied Psychophysiology and Biofeedback. 41, (3): 315–329. DOI: 10.1007/s10484-016-9332-2
- Hinterberger, T., (2011), “The Sensorium: A Multimodal Neurofeedback Environment”, Special Issue on Advances in Human-Computer Interaction, doi:10.1155/2011/724204.
- Hinterberger T., and Baier, G., “POSER: Parametric Orchestral Sonification of EEG in Real-Time for the Self-Regulation of Brain States”, IEEE Multimedia, April-June 2005, pp. 70-79, 2005.
- T. Hinterberger, „Kommunikation mit Signalen aus dem Gehirn – Möglichkeiten direkter Gehrin-Computer Interaktion“, in B. Könches & P. Waibel (Hrsg.): unSICHTBARes. Kunst_Wissenschaft, Benteli Verlag Bern 2005, pp. 262-285.
- T. Hinterberger and G. Baier, “POSER: Parametric Orchestral Sonification of EEG in Real-Time for the Self-Regulation of Brain States”, Proceedings of the International Workshop on Interactive Sonification, Bielefeld, Germany, January 2004.
- Hinterberger, T., Baier, G., Mellinger, J., Birbaumer, N., “Auditory Feedback of the human EEG for direct brain-computer communication”, Proceedings of the International Conference on Auditory Displays (ICAD) 2004, Sydney, Australia, 2004.
- Hinterberger T, Neumann N, Pham M, Kübler A, Grether A, Hofmayer N, Wilhelm B, Flor H and Birbaumer N, “A multimodal brain-based feedback and communication system”, Experimental Brain Research, vol. 154, pp. 521-526, 2004.
- Hinterberger, T., Kotchoubey, B., Kaiser, J., Kübler, A., Neumann, N., Perelmouter, J., Strehl, U., Birbaumer, N., „Anwendungen der Selbstkontrolle langsamer kortikaler Potentiale“, Verhaltenstherapie, 10, 219-227, 2000.
- Birbaumer, N., Flor, H., Ghanayim, N., Hinterberger, T., Iverson, I., Taub, E., Kotchoubey, B., Kübler, A., & Perelmouter, J., „A Brain-Controlled Spelling Device for the Completely Para-lyzed“, Nature, 398, 297-298, 1999.