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Brain-Computer Interface

Das Thought Translation Device

Ein System, das eine direkte Verbindung zwischen Gehirn und Computer herstellt, wird als Brain-Computer-Interface (BCI, Gehirn-Computer- Schnittstelle) bezeichnet. BCIs sind Neurofeedbacksysteme, die es ermöglichen, mit Signalen aus dem Gehirn in Echtzeit Anwendungen wie  Buchstabierhilfen, Neuroprothesen, oder auch Klanginterfaces zu steuern. Das Thought Translation Device (TTD) ist ein solches BCI, mit dem es möglich ist, über die Selbststeuerung von Hirnsignalen (EEG) auf einem Computerbildschirm Buchstaben auszuwählen und so zu kommunizieren. Mit diesem, in den Jahren 1997 bis 2005 entwickelten System konnten erstmals vollständig gelähmte Menschen schriftlich kommunizieren.

Blockdiagramm des BCIs Thought Translation Device
Über einen Feedback-Bildschirm kann die Kontrolle der Gehirnsignale erlernt werden, um dann Buchstaben auszuwählen und Texte zu verfassen.
So konnte damit bereits 1998 ein an ALS erkrankter Patient über Gehirnsignale einen Brief verfassen.

Das Kommunikationsprinzip zur Buchstabenauswahl

Als Hauptanwendung des TTD wurde eine Programmkomponente entwickelt, welche die Möglichkeit der schriftlichen Kommunikation über binäre Antwortsequenzen bietet: Das Language Support Program (LSP, Perelmouter et al., 1999). Die Aufgabe des Patienten besteht beim LSP darin, Teile des Alphabets oder einzelne Buchstaben, die beispielsweise im unteren Tor des Feedback-Bildschirms dargeboten werden, durch Veränderung des kortikalen Potentials (z.B. Positivierung) auszuwählen oder zurückzuweisen (z.B. durch kortikale Negativierung). Um einen einzigen Buchstaben aus dem gesamten Alphabet mit möglichst wenigen binären Antworten auszuwählen, ist es nötig, eine optimale Menüstruktur zu finden. Diese hängt sowohl von der Quote der richtigen Auswahlreaktionen, als auch der richtigen Zurückweisungen ab . Für die meisten Patienten ist eine dichotome Menüstruktur geeignet. Das bedeutet, das Alphabet (hier bestehend aus 32 Zeichen inklusive Umlauten und Satzzeichen) wird zunächst in zwei Hälften geteilt, die in zwei aufeinanderfolgenden Durchgängen nacheinander zur Auswahl stehen. Die gewählte Hälfte wird dann wieder in zwei Teile geteilt usw., bis schließlich nur noch der gewünschte Buchstabe dargeboten wird. Ein dichotomer Aufbau mit 32 Zeichen ergibt 5 Ebenen (25=32), wodurch ein Buchstabe je nach Position in 5 bis 10 Durchgängen gewählt werden kann. Um möglichst viele Buchstaben mit möglichst wenigen Durchgängen schreiben zu können, muß das Alphabet in eine für diese Struktur günstigere Reihenfolge als die übliche gebracht werden. Dazu wurden zunächst die Buchstaben nach der Häufigkeit ihres Vorkommens im deutschen Sprachgebrauch sortiert, wodurch sich folgende Rangfolge mit ‚E als häufigstem Buchstaben ergibt (nach Duden): E N I R S T A H D U G L C B M F _ O W K Z V Ü P Ä Ö J Q X Y , .. Diese Sequenz wird nun so in den dichotomen Entscheidungsbaum eingebaut, daß die häufigeren Buchstaben weniger Auswahlschritte benötigen, die weniger häufigen dagegen mehr. Auch dabei müssen die Fehlerraten berücksichtigt werden. Da die Zuverlässigkeit für eine richtige Antwort meist nur bei 80 bis 90 % liegt, ist es sinnvoll, auf jeder Ebene eine Korrekturmöglichkeit in der Form einer ‚Zurück- oder ‚Löschen-Option anzubieten, die zur Auswahl erscheint, nachdem keiner der beiden Alphabetausschnitte gewählt wurde. ‚Zurück bedeutet hier, zur vorherigen Ebene zurückzukehren. Die oberste Ebene bietet die Möglichkeit, den zuletzt geschriebenen Buchstaben wieder zu löschen. Die drei Wahlmöglichkeiten einer Ebene werden so lange wiederholt, bis eine Auswahl stattfindet. Durchschnittlich kann dann ein Buchstabe mit 7 bis 8 Durchgängen gewählt werden, unter Berücksichtigung von Fehlern entsprechend mehr. Der Trainingsablauf sieht vor, zunächst kürzere, später längere Wörter bis hin zu Sätzen abschreiben zu lassen. Erst wenn auch diese Aufgaben zuverlässig beherrscht werden, darf ein Patient dazu übergehen, frei Texte und Briefe zu schreiben. Außerdem ist es möglich, an das System ein sogenanntes „Environmental Control Unit zur Steuerung einfacher Vorgänge in der Umgebung anzuschließen (siehe Abbildung 1). Dann kann durch Auswählen bestimmter Worte (z.B. Licht an/aus) die Zimmerbeleuchtung ein- oder ausgeschaltet werden, Fernsehkanäle kann ausgewählt werden und vieles mehr.

BCI-gesteuerter Internet-Browser

Ein mit binären Signalen steuerbarer Webbrowser. Hier werdenzukzessive Gruppen von Links ausgewählt, bis der gewünschte Link vom Computer identifiziert und gewählt werden kann.
Ein ALS-Patient steuert mit seinen langsamen Hirnpotenzial der BCI-Browser
Mit funktionellem MRI konnte die Aktivierung derselben Hirnareale bei erfolgreicher Kontrolle der langsamen Hirnsignale gezeigt werden.

BCI-Kommunikation mit ECoG-Signalen

Während Epilepsiepatienten Eektrodenarrays implantiert hatten konnten diese Patienten üben über diese ECoG-Signale ein BCI zu steuern.
Die Vorstellung eier Hand- oder Zungenbewegung aktiviert spezifische Bereiche im Gehirn.
Mit implantierten Elektroden konnten die Patienten bereits in den ersten Sitzungen ihren Namen schreiben.

weitere BCI- und Neurofeedback-Forschungsprojekte

eine Übersicht findet sich hier.

ausgewählte Literatur

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